Geschafft! Ich habe es wirklich geschafft, diese für mich anspruchsvolle Felswand hochzuklettern. Es war anstrengend und es hat Spaß gemacht, bis auf die eine Stelle, an der ich immer wieder abgerutscht bin. Die Hinweise und die ruhige Stimme des Bergführers haben schließlich geholfen. Auch, dass ich es wirklich schaffen wollte. „Leiter auf die Spitze getrieben“ hieß die Fortbildung in der Sächsischen Schweiz, an der ich vor vielen Jahren teilgenommen hatte. Noch heute erinnere ich mich an diese Erfahrung am Berg und auch an das wunderbare Gefühl, dass ich hatte, als ich oben angekommen war auf dem Felsplateau. Und ich erinnere mich auch gut an die Enttäuschung, die ich gespürt hatte, als ein paar Wanderer gemütlich von der anderen Seite kamen und wenig später sogar eine Gruppe älterer Leute in Straßenschuhen. Nur ein paar 100 Meter entfernt war ein Busparkplatz! Verschwunden war das Gefühl, dass ich eine Aussicht genießen konnte, die nur ein paar Kletterern vorbehalten war.
Wenn ich heute daran denke, muss ich über mich lachen. Es gibt mehrere Wege, um ein Ziel zu erreichen und es ist schön, wenn wir einen Weg finden, der zu uns passt.
Was hilft in emotional schwierigen Situationen und Lebensphasen?
1. Ablenken, verdrängen, zur Seite schieben
Sich abzulenken ist eine mögliche Strategie. Oft bekomme ich diese Antwort, wenn ich Klienten frage, was ihnen hilft, um sich besser zu fühlen. „Ich versuche, mich abzulenken.“
Wenn es um unangenehme Gefühle wie Angst, Wut oder Unsicherheit geht oder um Trauer und Schmerz, z.B. wenn wir einen lieben Menschen verloren haben, ist es genauso wichtig sich abzulenken wie sich dem Gefühl, z.B. der eigenen Trauer, zu stellen. Wenn wir – zumindest zeitweise nicht auch verdrängen und uns ablenken, werden wir leicht von Trauer, Schmerz oder Wut überflutet. Wir können unseren Alltag nicht bewältigen, die Gefühle nicht aushalten. Sich abzulenken hilft. Eine Zeitlang. Verdrängungsmechanismen und emotionale Vermeidungsstrategien helfen, um durch akut schwierige Zeiten zu kommen.
Wenn wir jedoch dauerhaft verdrängen, kostet das Kraft. Wie jeder Kampf Kraft kostet. Wenn irgendetwas nicht sein darf, wenn wir gegen jemanden oder etwas ankämpfen, brauchen wir Kraft, um es fernzuhalten und zu unterdrücken. So ist es auch mit unseren Gefühlen. Wenn wir sie lange Zeit nicht wahrhaben wollen und sie unterdrücken, werden sie stärker. Auch Gefühle haben eine Funktion, sie wollen wahrgenommen und gefühlt werden. Schließlich wird es immer anstrengender, sie zu unterdrücken und wir fühlen uns erschöpft und ausgelaugt.
„Ein Jegliches hat seine Zeit“ heißt ein Buch der Traumatherapeutin Luise Reddemann. Ich denke oft an dieses Zitat aus dem alten Testament. Es stimmt. Alles hat seine Zeit. Auch Gefühle. Es gibt Zeiten in denen es wichtig – manchmal fast überlebenswichtig – sein kann, sich abzulenken und zu verdrängen und es gibt Zeiten, in denen es wichtig ist hinzuschauen und die eigenen Gefühle zuzulassen. So wie wir die Fähigkeit zu verdrängen haben, haben wir auch die Fähigkeit zu kanalisieren. Wir können uns zum Beispiel Zeiten einräumen, in denen wir hinschauen, verarbeiten und bewältigen, z.B. in Gesprächen oder mit Hilfe eines Tagebuchs.
2. Tagebücher, Sachbücher und Ratgeber
Bücher tun gut und Bücher helfen – wenn sie gut sind und zu dir passen.
Mir hilft es zu schreiben. Wenn meine Gedanken kreisen, mein Kopf voll ist und ich nicht weiß, wo ich anfangen soll, schreibe ich alles auf, was in meinem Kopf umherschwirrt, ohne nachzudenken. Wie von allein ordnen sich die Dinge. Wenn mich etwas belastet, schreibe ich. Wenn ich dann das Schreibheft oder den Computer zuklappe und zur Seite lege, ist es schon leichter. Flüchtige Gedanken und unbestimmte Gefühle sind zu Worten geworden und haben einen Platz gefunden, einen Platz außerhalb von mir. Das hilft. Ich bekomme Abstand und werde klarer.
Vielen Menschen helfen Ratgeber und Bücher, in denen sie sich wiederfinden. Sie finden Inspiration und Lösungsmöglichkeiten. Ich bin, ehrlich gesagt, keine Ratgeberleserin. Inspiration finde ich eher in Belletristik. Jeder Mensch ist anders, jeder Mensch kann seinen eigenen Weg finden. Anregungen aus Büchern können nützlich sein. Vor allem zeigen sie, dass es Wege gibt. Immer. Welcher Weg zu dir passt, kannst du herausfinden. Oder du findest einen neuen Weg, deinen eigenen.
3. Sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren
Kürzlich fragte ich eine Klientin, was ihr geholfen hätte, um sich besser zu fühlen. Sie stellte alles in Frage, trauerte um die beendete Beziehung und vor kurzem hatte sich ein Tinnitus eingestellt. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis und sie funktionierte nicht mehr so, wie sie es sich von sich kannte. Das verunsicherte sie. Wegen des Tinnitus hatte sie sich ärztliche Hilfe gesucht. Um sich wieder auszurichten und nach vorne schauen zu können, hatte sie das Gelöst! Coaching gebucht. Auf meine Frage antwortete sie: „Am meisten hilft mir zur Zeit die Sache mit dem Essen. Wenn ich esse, dann esse ich.“
Dabei bezog sie sich auf eine Geschichte, die ich in einem der Lehrvideos erzählt habe.
Ein Schüler wird zum 116. Geburtstag seines Meisters eingeladen und fragt ihn voller Bewunderung: „Meister, du bist so gesund und so zufrieden – was ist dein Geheimnis?“
„Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich und wenn ich schlafe, dann schlafe ich“, antwortet der Meister. Als der Schüler verwundert erwiderte, dass er das ja auch tun würde, fuhr der Meister fort: „Nein, wenn du gehst, kommst du in deinen Gedanken schon an. Wenn du isst, sind deine Gedanken schon aufgestanden vom Tisch und mit der nächsten Tätigkeit beschäftigt. Und wenn du ins Bett gehst, denkst du schon an den nächsten Tag.“
Ich freute mich über die Antwort meiner Klientin. Diese Fähigkeit, sich auf das zu konzentrieren, was gerade jetzt in mir und um mich herum geschieht, auf das, was ich gerade jetzt tue, macht den entscheidenden Unterschied. Die Fähigkeit, bewusst den Augenblick wahrzunehmen, nennt man auch Achtsamkeit.
Möglicherweise fragst du dich „Ist das nicht auch Ablenkung?“
Diese Form von bewusster Wahrnehmung hat eine andere Qualität. Wenn ich mich von etwas ablenken will, tue ich alles Mögliche, nur um nicht die belastenden Gedanken denken zu müssen, um nicht die schmerzhaften Gefühle zu fühlen. Das Schlimmste wäre, zur Ruhe zu kommen. Ich muss viel tun, um wegzukommen von den Gedanken und Gefühlen, die ich vermeiden möchte. Wenn ich hingegen achtsam wahrnehme, was gerade jetzt passiert in mir und um mich herum, tue ich das nicht, um etwas nicht wahrzunehmen, sondern vielmehr gerade um das Gegenteil zu erreichen: Bewusst zu handeln, zu denken und zu fühlen. Dadurch bin mit dem ausgefüllt, was ich jetzt gerade tue. Ich kann es vielleicht sogar genießen und muss nicht ängstlich immer in Aktion bleiben, um etwas anderes nicht fühlen zu müssen. Ich schaffe mir selbst einen kleinen Abstand zu meinen eigenen Gedanken und Gefühlen und ich kann mich neugierig auf das konzentrieren, was jetzt gerade ist. Zum Beispiel auf meinen Atem. Oder auf das Essen. Für meine Klientin war es eine große Erkenntnis, bewusst zu essen. Sie sagte, dass ihr erst jetzt bewusst geworden ist, wie sie ihr Essen bisher immer „massakriert hat“. Sie hat ihr Essen zerhackt, sagte sie. So wie sie immer die Zähne zusammengebissen hätte.
Mehr zu diesem Thema und dazu, was Achtsamkeit damit zu tun hat, dass das Gelöst! Coaching so wirkungsvoll ist, werde ich im nächsten Blogartikel schreiben.
4. Akzeptieren, was ist
„Akzeptieren, was ist“ heißt eines der Gelöst! Prinzipien.
Eine innere oder äußere Situation zu akzeptieren, statt damit zu hadern und sich im Hätte, Könnte, Wäre… zu verlieren, ist die Voraussetzung dafür, sie loszulassen und zu verändern.
Das heißt nicht etwa, gleichgültig oder ohnmächtig alles über sich ergehen zu lassen. Diese Haltung von „Es ist wie es ist“ ermöglicht im Gegenteil, Gedanken und Gefühle auf die Möglichkeiten lenken zu können, die sich aus dem ergeben, was ist. Wenn wir akzeptieren, was ist, können wir uns darauf konzentrieren, das Beste aus dieser Situation zu machen. Manchmal ist es möglich, die Situation zu verändern. Manchmal heißt „das Beste daraus machen“ aber auch die Situation wirklich anzunehmen und zu akzeptieren, dass wir sie nicht ändern können. Dann können wir unsere Haltung so ändern, dass es uns möglich ist, damit umzugehen.
Was hilft noch
Hilfe annehmen
Hilfe annehmen zu können ist eine Fähigkeit. Dazu gehört auch die Fähigkeit, eigene Grenzen zu akzeptieren und achten zu lernen. Das fällt oftmals gerade den Menschen schwer, die es gewohnt sind, viel zu leisten und viel zu schaffen. Zum ersten Mal wirklich an eigene Grenzen zu kommen, ist gleichzeitig eine schmerzhafte und sehr wertvolle Erfahrung.
Unterstützung von Familie und Freunden
Hilfe anzunehmen kann heißen, mit der Familie oder mit Freunden zu reden oder gar, sie um Hilfe zu bitten. Auch das ist eine wichtige Fähigkeit: Um Hilfe zu bitten. Sie ist eng verbunden mit einer anderen Ressource: Mit der Fähigkeit, `Nein` sagen zu können. Wer selbst Nein sagen kann, dem fällt es auch leicht, dasselbe anderen Menschen zuzutrauen: dass sie `Ja` sagen, wenn sie `Ja` meinen und `Nein` sagen, wenn sie `Nein` meinen. Dann fällt es auch leicht, um Hilfe zu bitten. Wir trauen der oder dem Gefragten zu, eigenverantwortlich zu entscheiden, ob er helfen kann oder möchte oder nicht.
Oft macht es einen großen Unterschied, über Schwierigkeiten zu reden. Wenn wir Dinge aussprechen, verschaffen wir uns Abstand. Das allein bringt oft neue Möglichkeiten. Und wir sind nicht mehr allein. Ich mache sogar die Erfahrung, dass ich es auch den Menschen in meinem Umfeld leichter mache, wenn sie die Möglichkeit haben, mir zu helfen. Und sei es „nur“ durch Zuhören. Enge Freunde, Partner oder Familienmitglieder spüren, wenn es uns nicht gut geht und sie leiden um so mehr mit, wenn sie nichts tun können. Wenn sie aber helfen können, hilft es nicht selten auch ihnen, besser mit dem Leid des anderen umgehen zu können.
Professionelle Unterstützung
Hilfe anzunehmen kann auch heißen, professionelle Unterstützung anzunehmen. Je nachdem, worum es geht, können Ärzte oder Heilpraktiker, Therapeuten, Beratungsstellen oder Coaches einbezogen werden.
Wann ist welche Hilfe angemessen?
Zu dieser Frage gibt es unzählige Artikel, Antworten und Meinungen.
Hier sind einige Gedanken zu diesem Thema. Meine Gedanken. Sie behandeln das Thema keineswegs umfassend und geben schon gar nicht wieder, „wie es sein muss“.
Ganz kurz zusammengefasst geht es in der Therapie um Heilung (von Krankheiten und Störungen), im Coaching geht es um persönliche Entwicklung.
In dieser Unterscheidung wird gleichzeitig die Schwierigkeit deutlich: Wo liegt die Grenze? Und bedeutet Heilung nicht auch Entwicklung oder umgekehrt?
Scheinbar am klarsten lässt ich diese Frage beantworten für körperliche Krankheiten und Störungen – die meisten Menschen gehen zum Arzt, wenn sie sich körperlich nicht wohl fühlen. Hoffentlich. Gut, dass wir in einem Land leben, in dem das möglich ist. Eine Ergänzung und für manche auch eine Alternative ist die ganzheitliche Sichtweise, die viele Heilpraktiker haben. Es geht um Heilung.
Schon hier beginnen die Grenzen und Zuständigkeiten zu verschwimmen. Natürlich kann eine Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut keine körperlichen Krankheiten heilen. Gleichzeitig kann eine Psychotherapie dazu beitragen, mit Krankheiten oder Beeinträchtigungen umzugehen und sie zu lindern. Wir funktionieren ganzheitlich, systemisch und komplex. Ursache und Wirkung lassen sich nicht monokausal ableiten. Darum mag ich die Definition von Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation: „Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen.“ Das Gefühl von Wohlbefinden ist subjektiv und umfasst ebenso wie Krankheit die physische und die psychische Ebene und unser soziales Umfeld. D.h. die Grenzen sind fließend. Ebenso fließend die Grenzen zwischen Therapie, Coaching und Beratung. Die in unserer Kultur üblichen Diagnosen helfen, um eine allgemein gültige Grenze festzulegen, ab wann eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens Krankheitswert bekommt. Ein wichtiges Kriterium ist dabei Arbeitsfähigkeit. Klar soll jedem Menschen, erst recht jedem Coach, sein, dass Coaching keine Krankheiten heilen kann!
Mehr dazu, was Coaching kann, was es bedeutet und was einen guten Coach ausmacht, schreibe ich im nächsten Blogartikel.
Vor einiger Zeit sagte mir eine Klientin, dass sie anderen oft über ihr Coaching erzählt.
„Ich finde, dass jeder das machen sollte. Zum Aufräumen.“ Sie hat vor ein paar Jahren den Gelöst! Coachingprozess durchlaufen und gönnt sich jetzt in großen Abständen eine Coachingsitzung.“ Ich möchte mal wieder aufräumen“, sagt sie, wenn sie den Termin vereinbart. Sie fühle sich danach immer ausgerichtet und geordnet und die Prioritäten sind zurechtgerückt.
In schwierigen Zeiten, wenn wir mit großen Herausforderungen umgehen müssen oder wichtige Entscheidungen vor uns liegen, drehen wir uns manchmal im Kreis oder versuchen immer wieder auf dieselbe Weise, zu Lösungen zu kommen und landen in der Sackgasse.
„Wenn etwas funktioniert, tue mehr desselben. Wenn etwas nicht funktioniert, tue etwas anderes,“ (Steve de Shazer)
Das klingt einfach. Ist es auch. Gleichzeitig gilt es nicht von ungefähr als hohe Kunst, einfach zu leben und zu einfachen Lösungen zu kommen.
Der Begründer des lösungsfokussierten Therapie- und Coachingansatzes Steve de Shazer hat auch gesagt:
„It´s simple, but not easy.”
Damit meinte er seinen Arbeitsansatz. Ich finde, das Gleiche gilt auch für gute Lösungen selbst.
Das Gelöst! Coaching zeigt, wie wir in drei Schritten gute Lösungen und ein gesundes Selbstvertrauen entwickeln können. Wie das geht, was das Gelöst! Coachingkonzept beinhaltet und wie es funktioniert, erfährst du im nächsten Blogartikel.
Ausblick:
Probleme und Lösungen III
Im nächsten Artikel erfährst du Einiges darüber, wofür Coaching gut ist. Du kannst lesen, wie das Gelöst! Coaching entstanden ist, wie es funktioniert und was es so wirkungsvoll macht.
Unser Angebot für dich: Gelöst! Online Coaching
Das Gelöst! Coaching begleitet dich in drei Schritten dabei,
- eine konkrete Lösung für dein Anliegen zu entwickeln
- eine Strategie für kommende Lösungen zu haben
- dein Selbstvertrauen und dein Selbstwertgefühl zu stärken