Oft sind es die unerwarteten Begegnungen, die uns auf unserem Weg begegnen, die ihn besonders machen, uns zum nachdenken anregen, Erkenntnisse bringen und manchmal sogar eine neue Richtung geben.
Ich glaube nicht, dass mein Lebensweg eine neue Richtung bekommt durch die Begegnung mit der 1000jährigen Linde auf dem Radweg von Dortmund an die Nordsee, am Dortmund-Ems-Kanal entlang. Aber er ist um einen schönen Moment reicher geworden dadurch.
Es war Zeit für eine Pause und ich schaute in unseren bikeline Führer, ob sich ein Abstecher in den nächsten Ort lohnen würde. Ich las über die dicke Linde von Heede, den ersten Baum, der in Deutschland als Naturdenkmal anerkannt wurde. Aus meiner mecklenburgischen Heimat kenne ich nur die tausendjährigen Eichen, die mindestens einmal Ziel eines Wandertages in der Schule waren . Es brauchte die ganze Schulklasse, um, an den Händen gefasst, den Baum umrunden zu können. Es hat mich damals beeindruckt, so dass ich immer noch manchmal daran denke. Diese dicke Linde wollte ich sehen!
Eine kleine Allee führte uns zu dem Baum. Dort stand er, auf einem freien, grasbedeckten Platz, , umgeben von jüngeren Laubbäumen, kreisrund um die Linde angeordnet, wie um ihr Schutz zu geben und sie gleichzeitig in das ihr gebührende Zentrum zu rücken. Und in der Mitte dieser unglaubliche Baum! Der Stamm ist zerfurcht und hat sich in all der langen Zeit in18 Stämme unterteilt. Einige sind abgestützt. In der Mitte, wo all diese Stämme zusammenwachsen, hat sich ein Plateau gebildet, wahrscheinlich 2 Meter im Durchmesser. Wäre der Baum nicht so schutzbedürftig, wäre es ein perfekter Picknickplatz. Einige Wurzeln sindausgehöhlt, der Stamm über dem Boden zerfurcht und viele Knoten und Äste lassen ihn als seltsames seltsame Gebilde erscheinen. 1000 Jahre Leben.
Was hat dieser Baum alles gesehen, erlebt und überlebt!
Und die Baumkrone? Sie ist weit ausladend. Der Baum könnte vielen, vielen Menschen und Tieren Schutz bieten – und an diesem Tag trug er die schönsten, jungen, frischgrünen Blätter! Der Himmel war wolkenlos und es war einer dieser wenigen Tage im mai, an denen das Grün noch ganz frisch und zart ist, so zart, dass die sonne hindurchscheinen kann. Jeder Ast, jeder Zweig lebt und jedes Jahr wieder ermöglicht er junges Leben
Wie würde wohl die Lebenslinie dieses Baumes aussehen? Welche Ressourcen ermöglichen ihm zu leben, zu überleben, all die tausenden Geschichten zu halten? Geschichten von Krieg und Leid, Kälte und Hitze, romantische Treffen unter seiner Krone, tausend Frühlingzeiten, tausendmal Sommer, Herbst und Winter? Wie kann er standfest bleiben über die Jahrhunderte und immer wieder junges Leben ermöglichen?
Dieser Ort, zufällig entdeckt, ist friedlich, so schön an diesem Tag im Mai. Und kraftvoll.
Ein Ort zum Innehalten, Pause machen, zum Picknicken und Krafttanken für die Weiterfahrt auch für uns.
Dieser Baum mit seinen jungen Blättern, seinem zerfurchten Stamm, abgestützt und verletzt und gleichzeitig so unerschütterlich, unglaublich schön und kam mir zuerst in den Sinn, als ich diesen Artikel zur Timelinearbeit schreiben wollte und nach einem passenden Bild suchte.
Vor kurzem hatten wir mit der Ausbildungsgruppe der angehenden Gelöst! Coaches den zum Curiculum gehörenden Workshop zur Timelinarbeit. Ich selbst bin immer wieder von dem Potenzial dieser Methode beeindruckt, wenn ich die für Lehrzwecke aufbereiteten Videos einer Timelinesession sehe. Und ich freue mich, wenn die zukünftigen Coaches dieses Potenzial „erleben“. „Ein mächtiges Werkzeug“, sagte Stefan, einer der Teilnehmer in der vergangenen Woche nach unserem Workshop.
Ja, diese Methode ist ein mächtiges, wirkungsvolles Werkzeug im Werkzeugkoffer von Coaches und Therapeuti*innen.
Grund genug, ihm einen Blogartikel zu widmen:
Timelinearbeit – Was es ist
Die Arbeit mit der Timeline ist eine intensive, wirkungsvolle Methode im Rahmen der Biografiearbeit. Mit der Timeline (Zeitlinie) ist hier die eigene Lebenslinie gemeint. In einer oder mehreren Sitzungen (oder auch in einem mehrstündigen Einzelworkshop) wird die eigene Lebensline erstellt, durchwandert, reflektiert und gewürdigt. Timelinearbeit hilft, sich zu verstehen, zu akzeptieren und was auch immer zum Leben gehört zu integrieren.
Sie trägt dazu bei, inneren Frieden zu finden.
Im Gelöst! Selbsterfahrungs- und Coachingprozess ist sie zentraler Bestandteil der Integrationsphase.
Timelinearbeit – was sie kann
Die Arbeit mit der eigenen Lebenslinie wie wir sie im Rahmen des Gelöst! Coachings anbieten, wirkt auf nachhaltige Weise auf mehreren Ebenen:
- Verständnis für sich selbst
Dies ist oft ein besonderer Moment im Gelöst! Coachingprozess: Eine Klient*in steht vor ihrer Lebenslinie, die sie auf dem Boden gelegt hat und die nun, am Ende der Arbeit über und über bedeckt ist mit Kärtchen, auf denen Ressourcen stehen: Fähigkeiten, Kenntnisse, Begegnungen, Geschichten, Erkenntnisse, Überzeugungen, Erfahrungen, Strategien…
Sie bzw. er staunt, ist manchmal stolz, friedlich. Manchmal steht ihr/ ihm ein „Aha“ ins Gesicht geschrieben.
- Integration
Allein dass das ganze bisherige (und zukünftige Leben) auf einer Linie visualisiert ist, mag sie Kurven machen, gerade sein oder immer mal wieder die Richtung ändern, hilft zu realisieren, dass all das zum eigenen Leben gehört, schwere und schöne Zeiten, unsagbare und tausendmal erzählte Erfahrungen, besondere Momente, Begegnungen und Erlebnisse. Schon diese Darstellung hilft zu akzeptieren und zu integrieren, was war und zu verstehen, dass du der Mensch bist, der du bist, einzigartig, wertvoll, aufgrund all dieser Erfahrungen, Ressourcen, vermeintlichen Fehlern und Unzulänglichkeiten 🙂
- Versöhnung mit der eigenen Geschichte
Und es hilft auch zu verstehen, warum du so und nicht anders gehandelt hast oder handeln konntest.
Exkurs:
Ein Teil meiner Arbeit besteht auch darin, Menschen, die ihre Fahrerlaubnis entzogen wurde, auf die medizinisch- psychologische Untersuchung vorzubereiten. Diese müssen sie bestehen, um ihre Fahrerlaubnis wiederzuerlangen.
Teil der MPU Vorbereitung ist auch, dass die Teilnehmenden verstehen, welche Funktion ihr – im verkehrsrechtlichen Sinne – Fehlverhalten – hatte, welches Bedürfnis dahinter stand.
Dazu führe ich mit jeder Teilnehmer*in eine Timelinearbeit durch. Am Ende dieser Sitzung bin ich nicht selten ebenso berührt wie die Teilnehmer*innen.
- Bewusstmachen und Aktivieren vorhandener Ressourcen
Ich finde, das ist der neben der integrativen Wirkung der Timelinearbeit die wichtigste Effekt. Sich bewusst zu machen und zu sehen, welche Ressourcen und Kräfte in uns stecken. In jeder und jedem von uns.
Hier kann der Coach all sein Coaching Geschick nutzen. Mit SELBST Qualität zuhören, Ressourcen erkennen, über die die Klient*innen sprechen ohne es zu bemerken (und das passiert sehr oft!) und darauf aufmerksam machen, sanft reframen, gute Fragen stellen, Wörter wiederholen, pacen, sanft lenken …
- Integration schwieriger Lebensphasen und Lebensereignisse, Traumabewältigung
Auch über die bloße Visualisierung hinaus gibt es im Rahmen der Timelinearbeit Techniken, um schwierige Erfahrungen zu integrieren. Damit werden oder bleiben sie per Definition kein Trauma! Traumatisch wirkt nur, was wir nicht bewältigen, nicht integrieren können.
- Orientierung finden
Und schließlich ermöglicht das Bewusstmachen der eigenen Erfahrungen und Ressourcen, dessen, was uns wichtig war und ist, wo unsere Stärken liegen und unsere Motivation, die eigene Timeline in die Zukunft hinein zu verlängern und sich bewusst zu machen, wo man in 1, 3, 10 oder 20 Jahren sein möchte.
Du siehst, Timelinearbeit ist wirklich ein Format mit riesigem Potenzial. Ein mächtiges Werkzeug, wie Stefan sagte.
Timelinearbeit – wie sie abläuft
Es gibt viele Möglichkeiten, mit der Timeline zu arbeiten.
Es gibt innere Timelinearbeit, die Lebenslinie kann auf Papier zeichnerisch und schriftlich dargestellt werden, künstlerisch, mit Metaphern, mit Symbolen, Seilen oder mit Metaplankarten im Raum.
Die Wirkung und das Ergebnis sind natürlich in erster Linie abhängig vom Anliegen der Klient*in.
Auch davon, vor welchem theoretischen Hintergrund der Coach oder die Therapeut*in arbeitet.
Davon hängt ab, welche Fragen gestellt werden, was gehört und gewürdigt wird, wie die Kient*in gelenkt wird.
Ich nutze für diese Arbeit am liebsten die Ressourcen des Raumes. Ich skizzieren hier mal kurz den Ablauf:
Der Start
- Das Anliegen und das erwünschte Ergebnis werden erfragt
- Der Ablauf wird erklärt
Die Timeline vorbereiten
- Die Lebensphasen werden benannt
- Die Timeline wird gelegt
- Zusätzliche ressourcevolle Perspektiven werden im Raum verankert
Das Ganze betrachten und würdigen
- Die Timeline wird betrachtet, gewürdigt, evt. verändert
- Der weitere Ablauf wird erklärt
Reise durch die Lebensphasen
- Die Klient*in wandert – in Begleitung des Coaches oder der Therapeut*in – durch die einzelnen Lebensphasen, betrachtet diese abwechselnd „von außen“ (dissoziiert) und evt. auch „von innen“ (assoziiert) und erzählt darüber. Ich lege hier vor allem Wert auf das Lebensgefühl, das mit der jeweiligen Phase verbunden wird.
Ressourcen erkunden
Dies ist in meiner und der Gelöst! Art der wichtigste Teil der Timelinearbeit:
- Zu erkunden, welche Ressourcen in der jeweiligen Lebensphase erworben bzw. genutzt wurden oder zur Verfügung standen
Das Ganze betrachten und würdigen
- Es entsteht oft ein beeindruckendes Bild des eigenen Lebensweges mit all seinen Ressourcen
Ressourcen verankern
- In einer für die Klient*in passender Form wird die Timeline noch einmal durchwandert, wobei die Ressourcen ebenfalls noch einmal benannt und verankert werden
Ausblick in die Zukunft
- Je nach Anliegen kann mit all diesen stärkenden Ressourcen ein Blick in die Zukunft, zur erwünschten Zukunft und den eigenen Zielen geworfen werden.
Den Kreis zum Anliegen schließen, Arbeit würdigen und abschließen
Du kannst dir sicher vorstellen, dass in jeder dieser Schritte viele kleine und kleinste methodische Möglichkeiten liegen und viel, viel Potenzial.
Oft, wenn ich mit Klienten auf diese Weise gearbeitet habe und das beeindruckende Ergebnis bei den Klienten sehe und spüre, wünsche ich, dass viele Menschen die Chance einer solchen Erfahrung haben bzw. nutzen sollten.
Timelinearbeit – im Gelöst! Coaching – Was ist besonders?
Im Gelöst! Coachingprozess ist die Timelinearbeit ein wichtiger Bestandteil der zweiten Phase (die Phasen des Gelöst! Prozesses: Schnelle Hilfe – Integrtion – Stabilisierung), der Integrationsphase.
Das Ziel und die Wirkung dieser Phase beschreibe ich gerne als „inneren Frieden finden“ und zu akzeptieren, was war, was ist und was sein soll im Leben. Ich kenne nur wenig Möglichkeiten, die diesem Anliegen auf so beeindruckende, effektive und intensive Weise gerecht werden wie die Timelinearbeit.
Dem Gelöst! Coachingprozess liegt der lösungsfokussierte Ansatz zugrunde, d.h. im Fokus stehen Lösungen für das Anliegen der Klienten, weniger die Ursachen von Problemen.
Gleichzeitig nutzen wir nicht nur klassisch lösungsfokussierte Methoden, vielmehr liegt über allen Techniken und Methoden, die im Gelöst! Coachingprozess genutzt werden eine „lösungsfokussierte Decke“, wie eine Kollegin es einmal treffend beschrieb.
Diese lösungsfokussierte Decke liegt auch über der Timelinearbeit. Die Haltung, mit der wir sie durchführen, die Richtung, in die wir zuhören, die Fragen, die wir stellen, die Art, in der wir intervenieren – all das findet auf dem Boden der lösungsfokussierten Haltung und Methoden und der Gelöst! Prinzipien statt. Das ist mit der „lösungsfokussierte Decke“ gemeint.
Noch ein Wort zum Schluss an alle Coaches, Therapeut*innen und Berater*innen:
Für mich ist Timelinearbeit ein Vergnügen.
Sie macht Freude, weil sie so eindrücklich und nachhaltig für die Klient*innen wirkt.
Sie macht auch Freude, weil sie so viele große, kleine und allerkleinste methodische Möglichkeiten und Interventionen eröffnet und verlangt. Bei dieser Arbeit können wir all das nutzen, was wir können, implizit und unaufdringlich :). Auch das macht Spaß und erfüllt.
Timelinearbeit – Du möchtest mehr darüber lernen?
Ich habe lange überlegt, wie ich dieses große Format am besten vermitteln kann.
Umso mehr freue ich mich, dass ich die Chance hatte, eine ganze dreistündige Timelinesession mit zwei professionellen Kamerafrauen und vier Kameras aufzunehmen. Wir haben diese Aufnahmen bearbeitet undmit methodischen Hinweisen versehen. So sind anschauliche, professionelle Lehrvideos entstanden, die das analoge und digitale Lehrmaterial ergänzen. Einen Masterscut mit der ganzen ungeschnittenen Sitzung gibt es auch.
Da dies sensibles Material ist mit sehr persönlichen Informationen, verwende ich es ausschließlich in der Ausbildung der Gelöst! Coaches sowie in einer Masterclass zur Timelinearbeit, die ich einmal im Jahr für eine kleine Gruppe anbiete von Berater*innen, Therapeut*innen und Coaches auch außerhalb der Ausbildung zum Gelöst! Coach anbiete.
Bist du interessiert?
Hier erfährst du mehr.
Lebenswert Masterclass Timelinearbeit
Vom 8. bis 19. Juni 2024
mit Dipl. Psychologin Carola Baxmann:
8. Juni 2024 9.30 bis 13.30 Uhr:
Workshop zur Timelinearbeit
19.Juni 2024 18 bis 20 Uhr:
Q&A Treffen
Ablauf
- Du erhältst eine Woche vor Workshopbeginn bereits Einführungsvideos und ausführliches Arbeitsmaterial.
- Den Hauptteil der Mastersclass bildet der Workshop am 8. Juni, in dem auch die Lehrvideos mit einer Live Demo gezeigt werden.
- Nach dem Workshop erhältst du den Link zum Masterscut der Livesession (zeitlich begrenzt und nur für deine persönliche Weiterbildung) sowie weiteres Arbeitsmaterial.
- Den Abschluss bildet das Q&A Treffen.